Mutige Brückenbauer mit Herz
"Mehrsprachigkeit ist eine Bereicherung, keine Bedrohung." -
Dieses Zitat des Autors und Romanisten Prof. Jürgen Meisel beschreibt treffend, wie gewinnbringend es ist, nicht nur eine Sprache zu beherrschen. Sprachkenntnisse bereichern unser Zusammenleben. Wen ich nicht verstehe, dem werde ich wohl auch nicht näherkommen, er oder sie wird fremd für mich bleiben. Wen ich nicht verstehe, für den kann ich kein Verständnis entwickeln und wohl auch kein Vertrauen. Interkulturelle Elternmentorinnen und -mentoren ebnen den Weg zur Verständigung, aber vor allem auch zum Verständnis. Von November bis Dezember 2024 haben sich dreizehn Frauen und drei Männer aus dem Landkreis Emmendingen zu Elternmentorinnen und –mentoren ausbilden lassen. Am vergangenen Samstag wurde ihnen in einem feierlichen Rahmen im Roten Haus in Waldkirch ihr Zertifikat überreicht.
Die Stimmung war bunt, fröhlich, ein hoffnungsvolles Miteinander, unterschiedliche Sprachen füllten den Raum. Das war ein wohltuendes Kontrastprogramm zu den aktuellen Konfrontationen, die die Welt in Schach halten und ein hoffnungsvolles Zeichen, welch eine Bereicherung wir füreinander sein können.
Unter dem Motto „Eltern stärken Eltern“ läuft das landesweite Ehrenamtsprogramm der Elternstiftung Baden-Württemberg. Interkulturelle Elternmentorinnen und –mentoren (IEM) setzen sich ehrenamtlich für eine stabile und partnerschaftliche Zusammenarbeit von Eltern, Kitas und Schulen ein – auf Deutsch und in weiteren Sprachen. Sie begleiten bei Elterngesprächen in Kitas und Schulen oder zu Infoabenden für die Eltern der neuen Schulkinder. Sie bilden ein wichtiges Bindeglied in der Kommunikation.
Wie gefragt diese ehrenamtlichen Elternmentoren sind, belegt die Anzahl der Einsätze. Die Herbolzheimer Eltermentoren sind in diesem Jahr bereits 51 Mal im Einsatz gewesen, berichtet die Integrationsbeauftragte der Stadt Herbolzheim Tanja Kromer. „Der Bedarf ist da. Kindergärten und Schulen scheuen sich nicht, das Angebot zu nutzen.“
Aus Herbolzheim haben Daria Gorokhovska, Olga Andreeva und Ilham Lodi die Schulung absolviert. Sie steuern die Sprachen Russisch, Ukrainisch und Arabisch bei. Dank des gemeindeübergreifenden Netzwerkes sind im Jahr 2024 insgesamt 25 Elternmentoren für Herbolzheim tätig. Auch die Gemeinschaft der Elternmentoren in Waldkirch, Kenzingen und Emmendingen wächst. In diesem Jahr haben sich noch die beiden Kommunen Denzlingen und Teningen dem Netzwerk angeschlossen. Themen der Qualifizierung sind zum Beispiel Grundlagen der Gesprächsführung und Kommunikation, wie auch interkulturelle Kommunikation im Bildungskontext. Doch sie wurden auch hinsichtlich des Bildungssystems in Baden-Württemberg geschult. So bringen sie nicht nur mindestens zwei Sprachen, sondern auch das Wissen über zwei verschiedene Bildungssysteme mit. Auf diese Weise tragen die Elternmentoren zu mehr Verständnis zwischen Eltern, Kita und Schule bei.
Dass der Lehrgang zum Elternmentor nicht nur eine wichtige Qualifizierung für die Teilnehmenden mit sich bringt, sondern auch bereichernde Begegnungen, ist in der Gruppe deutlich zu spüren.
Auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Elternstiftung Baden-Württemberg Matthias Fiola, der eigens zur Verleihung der Zertifikate aus Reutlingen angereist war, zeigte sich von der positiven Stimmung und den Ausführungen der Elternmentoren sichtlich beeindruckt.
Dem Landkreis Emmendingen komme eine große Vorbildfunktion zu, so Fiola weiter und bestärkte die Absolventen in ihrem Tun. „Sie werden offene Türen einrennen. Und sollte dies einmal nicht der Fall sein, dann könnten sie sich auf die Unterstützung vom Schulamt verlassen.“
Viele der Elternmentoren sind selbst noch nicht lange in Deutschland und dennoch haben sie es geschafft, so gut Deutsch zu lernen, dass sie nun anderen Eltern als Übersetzer, sprachlich wie auch kulturell helfen können.
icon.crdateArtikel vom: 20.12.2024